Tutorial 1¶
Einleitung¶
Information
In diesem Tutorial lernen Sie Schritt für Schritt, wie ein statisches 3D-Modell durch das Hinzufügen von Skills dynamisiert wird. Anhand einer bereitgestellten 3D-CAD-Datei erfahren Sie, wie verschiedenen Komponenten Fähigkeiten zugewiesen werden, um eine realistische Simulation zu erstellen. Für dieses Tutorial benötigen Sie ausschließlich PLC-Lab 3D Studio. Die Zylinderstange wird direkt über einen Schalter ausgefahren – ein SPS-Programm ist hierfür nicht erforderlich.
Was ist ein Skill?¶
Ein Skill ist eine Fähigkeit bzw. ein Verhalten, das einem 3D-Objekt zugewiesen wird. Skills sind in die Kategorien Sensoren, Aktoren und Sonstiges unterteilt. Ein 3D-Objekt kann mit mehreren unterschiedlichen Skills ausgestattet werden – derselbe Skill darf jedoch nicht mehrfach auf dasselbe Objekt angewendet werden. Durch die Verwendung von Skills wird aus einem statischen CAD-Modell ein digitaler Zwilling mit interaktiven Eigenschaften.
Wichtig
Wesentliche Arbeitsweise von PLC-Lab 3D Studio: Bereits in der CAD-Software sollten Objektnamen so angepasst werden, dass eine automatische Skill-Zuordnung erfolgen kann.
Beispiel – Meldeleuchte:
Ein 3D-Objekt soll als Meldeleuchte fungieren, die rot leuchtet, wenn das Symbol Motorschutz den Wert true hat. Dazu wird z. B. der Objektname „part.2223“ umbenannt in:
„part.2223 {Lamp} {red} Motorschutz“
Beim Laden erkennt PLC-Lab 3D Studio automatisch den Skill {Lamp}, konfiguriert ihn korrekt (Farbe: rot) und weist ihn dem Operanden Motorschutz zu.
Auf diese Weise sind einfache Objekte wie Lampen, Schalter oder Collider bereits vollständig vorkonfiguriert und müssen im Studio nicht mehr manuell angepasst werden. 👉 Diese Methode beschleunigt die Erstellung des digitalen Zwillings erheblich.
Bei komplexeren Skills (z. B. Antriebe) sollte auf die Angabe von Operanden im Objektnamen verzichtet werden, da sie sonst ggf. automatisch in unpassende Eigenschaften übernommen werden.
Das 3D-Modell in diesem Tutorial¶

Bild: Tutorial 1, CAD-Konstruktion in Blender.
Abgebildet ist eine mechanische Rutschenkonstruktion (4). Ein Creator (2) erzeugt Metall- und Kunststoffwürfel, die auf eine darunterliegende Plattform fallen und sich dort stapeln. Über einen Zylinder (3), der per Schalter (6) betätigt wird, kann ein gestapelter Würfel auf die Rutsche geschoben werden. Der Würfel gleitet hinab und wird beim Erreichen des Destroyers (5) aus der Szene entfernt.
Objektbaum im CAD-System:

Bild: Tutorial 1, Objektbaum in Blender.
Hier sehen Sie die Objekte, denen bereits Skills zugewiesen wurden. Beispielsweise ist dem ersten Objekt "Boden" der Skill {Collider} zugewiesen, sodass Würfel nicht durch die Bodenplatte fallen.
Information
Alle 3D-Objekte, deren Namen Begriffe in geschweiften Klammern enthalten, können im 3D-Studio konfiguriert werden. Ist der Begriff ein bekannter Skillname, wird der Skill mit Standardwerten automatisch hinzugefügt. Ist der Begriff unbekannt, kann der Skill manuell im Studio zugewiesen werden.
Verwendete Skills¶
Für die Rutsche werden folgende Skills verwendet:
| Skill | Skill-Typ | Beschreibung |
|---|---|---|
| {Creator} | Sonstiges | Erstellt bei einem Ereignis Kopien von 3D-Objekten. In diesem Beispiel erzeugt er Metall- und Kunststoffwürfel, die nach unten fallen und sich stapeln. Wichtig: Die zu erzeugenden Objekte müssen in der CAD-Zeichnung als Kind-Objekte des Creators angeordnet sein. |
| {Destroyer} | Sonstiges | Entfernt vom Creator erzeugte Objekte. |
| {Collider} | Sonstiges | Macht ein Objekt zu einem festen Körper, der realistisch durch die Physikengine berechnet wird. Essentiell für Wände, Böden etc., um Kollisionen korrekt zu behandeln. |
| {2-Point-Drive} | Aktor | Linearer Antrieb mit zwei Positionen (Minimum/Maximum), bewegt die Zylinderstange. |
| {Lamp} | Aktor | Simuliert eine Meldeleuchte mit wählbarer Farbe. |
| {Player} | Sonstiges | Verleiht einem Objekt physikalische Eigenschaften (z. B. Schwerkraft). Ideal für transportierte/verarbeitete Werkstücke. |
| {SwitchOrButton} | Sensor | Ermöglicht die Realisierung von Schaltern/Tastern zur Steuerung von Eingängen. |
| {Hide} | Sonstiges | Macht ein Objekt in der Simulation unsichtbar, z. B. im Run-Modus. |
Schritt 1: Ordner erzeugen¶
Erstellen Sie auf Ihrer Festplatte einen neuen Ordner, z. B. "Tutorial1-3D-Studio".
In diesem Ordner werden sämtliche Dateien für den digitalen Zwilling abgelegt.
Schritt 2: CAD-Datei und Symbolik herunterladen¶
Laden Sie die folgenden Dateien für dieses Tutorial herunter:
| Datei | Beschreibung | Download-Link |
|---|---|---|
| CAD-Datei | 3D-Modell des Tutorials | CAD-Datei für Tutorial1 |
| Symbolikdatei | Enthält Ein-/Ausgänge für die Simulation | Symbolikdatei für Tutorial1 |
Kopieren Sie beide Dateien in den zuvor erstellten Ordner. Die Symbolikdatei muss den Filenamen station0.symbols.csv haben.
Hinweis
Bei eigenen Projekten erstellen Sie diese Dateien selbst. Die Symbolikdatei kann entweder manuell im CSV-Format (Adresse;Symbolname; Datentyp;Kommentar) angelegt oder aus Automatisierungssystemen wie dem TIA Portal (XML) oder dem Simatic-Manager (ASC) importiert werden.
Schritt 3: CAD-Datei im Studio öffnen¶
Starten Sie PLC-Lab 3D Studio und öffnen Sie die CAD-Datei über den Button CAD oben links.
Das 3D-Modell wird nun angezeigt:

Bild: Ansicht nach dem Laden der Datei.
Richten Sie die Kamera so aus, dass das Modell zentriert angezeigt wird. So navigieren Sie im 3D Raum
Drücken Sie anschließend Shift + 1, um diese Ansicht auf Slot 1 zu speichern. Mit 1 gelangen Sie jederzeit zurück zu dieser Kameraposition. Weitere Ansichten können auf Slots 2 bis 9 gespeichert werden.

Bild: Ansicht nach Einstellen der Kameraposition. Slot 1 ist definiert.
Links sehen Sie das Tags-Fenster, in dem Sie Ein- und Ausgänge (Symbole) beobachten und manipulieren können. In diesem Tutorial verwenden wir Merker, da kein SPS-Programm benötigt wird.
Schritt 4: Skills hinzufügen, konfigurieren¶
Öffnen Sie den Skill-Manager über den Button Skills (1). Der Skill-Manager ist dann links sichtbar (2):

Bild: PLC-Lab 3D Studio. Links ist der Skill-Manager (2) zu sehen.
Im Skill-Manager können Sie 3D-Objekten aus der CAD-Datei – erkennbar an den geschweiften Klammern im Namen – Skills zuweisen, entfernen und konfigurieren.
Information
In der CAD-Datei wurden die meisten Skills bereits korrekt benannt und eingefügt. Das bedeutet, dass viele Objekte schon mit den passenden Fähigkeiten ausgestattet sind.
Beispiele:
- Ein Objektname der den Text {Collider} enthält, führt automatisch zur Zuweisung des gleichnamigen Skills, damit der Würfel nicht durch das Objekt hindurchfällt.
- Da auch der Skill {Creator} bereits vorhanden ist, können Würfel schon erstellt werden.
Folgende Skills müssen im Skill-Manager noch konfiguriert werden:
- Antrieb für die Zylinderstange: {Drive-2-Point}
- Schwarzer Drucktaster: {SwitchOrButton}
- Physik-Einstellungen der erzeugten Würfel
Nun testen wir das Modell mithilfe der Simulation.
Schritt 5: 3D-Simulation starten¶
Wählen Sie als Device InternDevice (1), da wir ohne SPS-Programm arbeiten und nur interne Variablen nutzen.
Klicken Sie anschließend auf Run (2), um die Simulation zu starten.

Bild: Device auswählen und Simulation starten.
Fügen Sie Würfel hinzu, indem Sie mit der Maus auf die Vorlage-Würfel (1) klicken – es sollte ein neuer Würfel (2) erscheinen:

Bild: Mausklick auf den Vorlagewürfel (1) erzeugt einen neuen Würfel (2).
Der Würfel ist noch nicht stapelbar. Deshalb müssen die zugehörigen Skills weiter angepasst werden.
Ziel:
- Würfel sollen sich stapeln, nicht zur Seite rutschen.
- Der Zylinder soll ausfahren, wenn der schwarze Button gedrückt wird, und wieder einfahren, wenn er losgelassen wird.
Skills weiter konfigurieren¶
Würfel stapelbar machen¶
Wir passen das Verhalten der Würfel an, sodass sie sich nur nach unten bewegen können. Dadurch ist das Stapeln möglich.

Bild: Der gelbe Würfel wird so konfiguriert, dass er stapelbar ist.
Die Simulation läuft weiterhin.
Schritte (siehe rote Nummern im Bild):
- Mit gedrückter Strg-Taste auf den gelben Würfel auf der Tischplatte klicken.
- Das Objekt wird gefiltert.
- Es erscheint an erster Stelle in der Liste. Der 1. Skill {Player} des 3D-Objekts ist ausgewählt (grün hinterlegt).
- Die Eigenschaften des Skills {Player} werden angezeigt.
- Aktivieren Sie die Eigenschaft SetOnStart im Abschnitt PlayerConstraints.
- Aktivieren Sie alle Bewegungseinschränkungen außer CMoveY (also: CRotateX, CRotateY, CRotateZ, CMoveX, CMoveZ).
Hinweis
Wiederholen Sie diese Schritte auch für den Metallwürfel, damit beide stapelbar sind.
Klicken Sie nun 3-mal auf den gelben Würfel. Die Würfel sollten sich sauber übereinander stapeln.
Wenn das nicht der Fall ist, überprüfen Sie nochmals Schritt 6.
Hinweis
Mit einem Mausklick auf die erzeugten Würfel können diese wieder gelöscht werden.
Schwarzen Drucktaster konfigurieren¶

Bild: Konfiguration des schwarzen, runden Buttons.
Klicken Sie mit gedrückter Strg-Taste auf den schwarzen Button:
- Klick mit Strg-Taste auf Button
- Das Objekt wird gefiltert
- Es erscheint an erster Stelle
- Eigenschaften werden angezeigt
- In der Eigenschaft Adresse „e“ oder ein Leerzeichen eingeben → Symbolauswahl öffnet sich
→ Mit ↓ ExtendCylinder wählen und mit Return bestätigen. Damit ist das Symbol ExtendCylinder in der Eigenschaft Adresse eingetragen. - MovementOnPressed auf 3 setzen (Taster kann 3 mm tief gedrückt werden.)
Drücken Sie nun den Button und prüfen Sie im Tags-Fenster, ob ExtendCylinder auf „True“ (grün) wechselt. Das Tags-Fenster können Sie mit dem Button Tags sichtbar machen. Siehe oben Schritt 3: CAD-Datei im Studio öffnen.

Bild: ExtendCylinder wird auf „True“ gesetzt.
Zylinderstange konfigurieren¶

Bild: Antrieb der Zylinderstange konfigurieren.
- Wieder Strg-Klick auf vorderen Teil der Zylinderstange.
- Objekt wird gefiltert.
- Das Objekt steht ganz oben in der Liste. Klicken Sie mit der Maus auf den Skill {Drive-2-Point} - die Einstellungen erscheinen im Fenster rechts.
- Bei ToMax: Operand ExtendCylinder einstellen.
- DurationInSeconds: 0.5
- StrokeLength: 60
- SpringReturnBehavior aktivieren (Federrückstellung)
Drücken Sie nun den runden, schwarzen Button, der weiter oben bereits konfiguriert worden ist: Der Zylinder fährt aus.
Stapeln Sie einen Würfel und testen Sie, ob der Zylinder ihn verschieben kann.
Problem: Die Zylinderstange kann den Würfel nicht verschieben, da sie durch den Würfel hindurch fährt.
Würfel beweglich machen¶
Die Einschränkungen der Würfel verhindern seitliches Verschieben. Damit der zuletzt erzeugte Würfel vom Zylinder bewegt werden kann, heben wir diese Einschränkungen bei Kontakt mit der Plattform auf.

Bild: Plattform erhält Skill-Eigenschaft, die Würfel freigibt.
Wählen Sie die Plattform (1) mit Strg-Klick und aktivieren Sie beim Skill {Collider} die Eigenschaft RemovePlayerConstraints (2).
Entfernen Sie zuvor alle Würfel von der Plattform und testen Sie das Verhalten erneut.
Der Zylinder sollte die Würfel nun die Rutsche hinunterschieben können.
Video: Ablauf der Simulation¶
Weitere Optimierungen¶
Damit die Würfel schneller rutschen:
Variante 1:
Reibung der Rutsche reduzieren: Ändern Sie die Einstellungen der Rutsche: MaterialProperties aufklappen und DynamicFriction, StaticFriction jeweils auf 0.0 setzen.
Variante 2:
Dem Würfel zusätzlichen Schub geben:
Versehen Sie den schwarzen Quader am oberen Rutschenrand mit dem Skill {Collider} und aktivieren Sie DirectedForceProperties. Dies bewirkt, dass auf den Würfel eine Kraft ausgeübt wird.

Bild: DirectedForce über Collider dem schwarzen Quader zuweisen
Schritte:
- Skill-Filter: „coll“
- {Collider} wird in der Liste gefiltert.
- Bei Objekt-Filter: „force“ eingeben → 3D-Objekt wird gefiltert.
- Button Hinzufügen klicken. Damit wird der Skill Collider dem 3D-Objekt hinzugefügt.
- Eigenschaften des Colliders im Abschnitt DirectedForceProperties einstellen:
- (6) Enabled: aktivieren
- (7) EnableOperand: 1
- (8) Force: 20
- (9) Axis: Y
- (10) Hide aktivieren, damit das Objekt im Run-Modus unsichtbar ist
Testen Sie die 3D-Simulation nach diesen Änderungen erneut.
Video: Tutorial 1 als Video¶
Fazit¶
In diesem Tutorial haben Sie gelernt, wie Skills hinzugefügt und konfiguriert werden. Eine SPS war nicht notwendig, da der Zylinder direkt durch einen Taster gesteuert wurde. Im nächsten, umfangreicheren Tutorial wird ein Transportband mithilfe eines SPS-Programms gesteuert.
Mehr Informationen über den Skillmanager.
Mehr Informationen über Sensoren-Skills.
Mehr Informationen über Aktoren-Skills.
Mehr Informationen über Sonstige-Skills.